Heute liest Du den dritten Blogbeitrag aus der Geschichte des Kreisverbandes der Piratenpartei Frankfurt am Main. Bis zum Jahresende und darüber hinaus wird jeden Mittwoch ein neuer Beitrag auf unserer Webseite erscheinen. Im Mittelpunkt steht jeweils ein bestimmtes Jahr und die Themen, mit denen sich die PIRATEN in diesem Zeitraum beschäftigt haben.
Der dritte Beitrag führt uns in das Jahr 2012: Der Maya-Kalender sagte für dieses Jahr den Weltuntergang voraus, den die PIRATEN Frankfurt unauffällig verhinderten, denn es gab Wichtigeres zu tun. Nach der für uns erfolgreichen Kommunalwahl 2011, war es nun ein Muss für uns, auch einen Kandidaten für die Oberbürgermeisterwahl zu stellen. Neben diesem aufregenden Wahlkampf beschäftigten uns Themen wie „GEMA“, „INDECT“, das „Leistungsschutzrecht“ und die „Asyl- und Flüchtlingspolitik“.
Oberbürgermeisterwahl 2012 – Mit „Super-Herbert“ auf Mission
Bei der Frankfurter Oberbürgermeisterwahl konnten wir mit 3,8 % unser Ergebnis im Vergleich zur Kommunalwahl im Jahr 2011 verdoppeln. Mit unserem Spitzenkandidat von 2011, Herbert Förster, gingen wir ins Rennen um den Posten des Oberbürgermeisters der Stadt Frankfurt am Main. Mit etwa 7.500 Euro Budget hatten wir weniger als ein Viertel des Budgets der Linken, aber den gleichen Stimmenanteil erreicht. Den Budget-Vergleich mit den anderen Großparteien brauchen wir da gar nicht erst zu ziehen. Dennoch, mit eigener Kreativität statt gekauften Kampagnen, ließen sich die Wählerinnen und Wähler auch erreichen. Die heiße Phase begann mit der Lieferung von 5.000 Plakaten, die im gesamten Stadtgebiet aufgehängt wurden. Die Plakate unterschieden sich deutlich von den eher altbackenen und spießig daher kommenden der etablierten Parteien – und genauso sollte es auch sein.
Bei uns sollte die Idee des Bürgermeisters als tatsächlicher Vertreter der Bürgerinnen und Bürger in den Vordergrund treten. Immer wieder erreichten uns Anfragen, ob man eines der Plakate haben könnte, wobei die Kätzchen am begehrtesten waren. Diese wurden sogar oftmals von den Laternenpfählen gestohlen – sehr zu unserem Ärger. Ein Plakat wurde noch am Wahlabend von Boris Rhein (damaliger Oberbürgermeisterkandidat der CDU, seit 2014 für den Wahlkreis 39 Abgeordneter im Hessischen Landtag), signiert. Dieses Plakat versteigerten wir zu Gunsten der Frankfurter Sportjugend. Neben den Plakaten wurden auf Youtube abrufbare Wahlwerbevideos von Herbert veröffentlicht, sowie der dazugehörige Blog wir-sind-herbert.de. Aber auch Stadtteilbegehungen gehörten zum Repertoire dieses Wahlkampfes. Mit einem Bollerwagen voller Flyer und Herbert-Actionfiguren zum Selberbasteln waren wir mehr als nur präsent in dem damaligen Oberbürgermeister-Wahlkampf.
GEMA – Wer soll das bezahlen – Das Aus für die Frankfurter Clubszene?
Die Abkürzung GEMA steht für die „Gesellschaft für musikalische Aufführungs- und mechanische Vervielfältigungstelle“ und wurde 1933 gegründet. Der Organisation obliegt die Verwaltung von Nutzungs- und Urheberrechten von Komponisten, Textdichtern und Musikverlegern.[1]
Im September 2012 beteiligten wir uns an den bundesweiten Protesten gegen die GEMA-Tarifreform und unterstützten die Demonstration der Frankfurter Clubszene. Weitere Großdemonstrationen fanden damals u.a. in den deutschen Städten Berlin, München, Nürnberg, Dortmund, Dresden, Erfurt und Stuttgart statt. Die Tarifreform der GEMA sollte ursprünglich zum 1. April 2013 in Kraft treten. Sie sah statt der bisher elf nur noch zwei Tarife vor – abhängig davon, ob die Musik live oder von einem Tonträger gespielt werden würde. Die Vorstellung der GEMA war der Einheitspreis von zehn Prozent der Eintrittsgelder. Viele Diskotheken, Musikkneipen, Stadtfeste, Tanzschulen, Vereine und traditionelle Feste hätten durch diese Tarifreform, aufgrund der steigenden finanziellen Belastungen, vor dem Ruin gestanden. Damit wurde damals auch die Frankfurter Veranstaltungsszene enorm angegriffen. Die Tariferhöhungen von im Schnitt 400 bis 600 Prozent hätten für viele Clubs in unserem schönen Frankfurt das Aus bedeutet. Der drohende Verlust der kulturellen Vielfalt und der Arbeitsplätze war weder für die Stadt noch für die Clubbesucher hinnehmbar.
Reformen sollte die GEMA vor allem erstmal intern durchführen. Solange durch die verfilzten Strukturen und fehlende Transparenz der Großteil der Einnahmen in den Töpfen von Musikverlagen und privilegierten Mitgliedern landete, war die GEMA als Gesprächspartner nicht ernstzunehmen. Die Piratenpartei hatte bereits in der Vergangenheit in Gesprächen mit der GEMA auf die Missstände der Tarifreform, die fehlende Verteilungsgerechtigkeit und die mangelnde Anpassung an die Gegebenheiten der digitalen Märkte hingewiesen. Bereits im Juli 2012 unterstützte die Piratenpartei aktiv eine Demonstration gegen die Reformen, die gleichzeitig mit der von der Öffentlichkeit abgeschirmten Mitgliederversammlung der Verwertungsgesellschaft in Berlin stattfand. Erst Ende 2013 fanden GEMA und Musikveranstalter eine Einigung, die moderate Erhöhungen, zum Teil aber auch Entlastungen vorsah.[2]
INDECT – Was denkt sich die EU-Kommission eigentlich?
Bei INDECT – „intelligent information sytem supporting observation“ handelt es sich um ein Forschungsprojekt der Europäischen Kommission aus dem damaligen 7. Forschungsprogramm (FRP) zum Bereich der „intelligenten Sicherheitssysteme“[3]. Es sollte durch das Zusammenführen vielfältiger Informationen aus unterschiedlichen Datenquellen ermöglichen, Aktivitäten zu erkennen, die in das Muster einer vermuteten Gefährdung passen. Benutzt und ausgewertet werden sollten beispielsweise Daten aus Videoüberwachungsanlagen, aus Mobilfunkdaten generierte Bewegungsprofile oder auch Informationen zu Konsumverhalten, Internetnutzung oder aus sozialen Netzwerken. Ein Überwachungssystem, welches die Bürgerinnen und Bürger unter Generalverdacht stellen würde, indem es Informationen aus allerlei Quellen zusammenstellte und das eher nach Science-Fiction klang, diente, unserer Meinung nach, nicht der Demokratie.
Diese Art der breit angelegten und anlasslosen Überwachung des Staates gegenüber den Bürgerinnen und Bürgern musste verhindert werden. Deshalb unterstützten wir den bundesweiten Aktionstag gegen das Projekt. Das umstrittene Forschungsprojekt endete 2014. Jedoch wurde diese Forschungsprogramm-Reihe durch das so genannte „Horizont-2020-Programm“ abgelöst. Dieses Programm stellt bis heute rund 80 Mrd. Euro für Forschung und Innovation zur Verfügung. Ziele sollen nachhaltiges Wachstum und zukunftsfähige Arbeitsplätze in Europa sein.[4] Da scheint zumindest bei manchen Personen angekommen zu sein, dass sie mit der Überwachung von Bürgerinnen und Bürger nicht auf Gegenliebe gestoßen sind.
Leistungsschutzrecht – Ein Kampf, der nie zu Ende geht
Was ist überhaupt dieses Leistungsschutzrecht (LSR)? Es ist ein Recht für Personen und Unternehmen, die an dem Vermittlungsprozess eines Werkes mitwirken bzw. beteiligt sind. Das Leistungsschutzrecht besteht parallel zum Urheberrechtsschutz, bzw. ist es ein verwandtes Schutzrecht des Urheberrechtes. Bei einem Musikstück zum Beispiel hat die Künstlerin oder der Künstler ein Schutzrecht gemäß Leistungsschutzrecht, der Textschreiber ein Schutzrecht gemäß Urheberrechtsschutz.[5] Wir waren 2012 schon der Meinung, dass Deutschlands Verleger es sich in Bezug auf das Leistungsschutzrecht häufig zu leicht machen. So wollten sie quasi eine gesetzliche Legitimation dafür, dass sie gegen die „Datenkraken im Internet“ geschützt werden. Deshalb sollte das Leistungsschutzrecht damals sicherstellen, dass Suchmaschinen, Aggregatoren etc. künftig Gebühren an Presseverlage zahlen würden, wenn sie journalistische Inhalte abrufbar machen. Wir informierten damals im Vorfeld der Frankfurter Buchmesse über dieses Thema.
Aus Sicht vieler Piraten hätte die „Lex Google“ hauptsächlich den großen Verlagen geholfen, die die digitale Revolution verschlafen hatten. Kleinen Bloggern und Publikationen schadete es. Deshalb hat das LSR bis heute auch Auswirkungen auf die Meinungsbildung in Deutschland. Wir versuchten damals so viele Journalistinnen und Journalisten wie möglich zu erreichen, um eine ausgeglichene Berichterstattung zu schaffen. Denn bekanntlich gibt es ja immer zwei Seiten einer Medaille. Das neue Leistungsschutzrecht trat dennoch 2013 in Kraft, zunächst mit wenigen Auswirkungen auf die Verbraucherinnen und Verbraucher.
Dennoch war eine Beschränkung der Informationsfreiheit im Internet zu befürchten. Ein Beschluss des Bundesverfassunsgerichtes in 2016 konkretisierte jedoch, dass es Internet-Suchmaschinen ermöglicht werden muss, in einem zweckmäßigen Umfang, d.h. zur Auffindbarkeit von Informationen, Textausschnitte veröffentlichen zu dürfen.[6] Im Jahr 2020 sind wir soweit, dass wir über mehr als nur ein EU-weites Leistungsschutzrecht diskutieren, dass ein Bestandteil der umstrittenen EU-Urheberrechtslinie ist. Es hat uns PIRATEN einmal mehr auf den Plan gerufen, da die Freiheit unseres Internets auf dem Spiel steht.[7] Mehr zu diesem Thema erscheint im Blogbeitrag zum Jahr 2019.
Arbeitskreis „Asyl und Flucht“ – Jeder hat das Recht auf Freiheit, Würde und Teilhabe
Die „Internationale Förderation iranischer Flüchtlinge“ (IFIF) hatte im August 2012 in Frankfurt am Main an der Hauptwache zu einer Protestaktion aufgerufen. Vor Ort waren viele iranische Flüchtlinge und interessierte Menschen die sich an einer Unterschriftenaktion beteiligten. Auf Plakaten und Flipcharts wurde auf die Lage im Iran, aber auch auf die menschenunwürdige Asylpolitik hier in Deutschland hingewiesen. Wir unterstützten damals die Gründung eines Bündnisses zur Unterstützung und Planung von Protesten der Asylsuchenden in Frankfurt am Main. Ziel war eine möglichst breit aufgestellte Allianz gegen Lagerzwang, Residenzpflicht und geschlossene Grenzen und für ein menschenwürdiges Asylrecht in einer solidarischen, freien und offenen Gesellschaft, die Menschen nicht nach Herkunft oder Religion diskriminiert. Die Organisation eines gemeinsamens Protestes stand im Vordergrund.
Im September folgte ein bundesweiter Protestmarsch von Asylsuchenden aus verschiedenen Städten Deutschlands. Damit verstießen die Flüchtlinge bewusst gegen die Residenzpflicht. Sie zogen über 15 Zwischenstationen nach Berlin, um ihren Forderungen nach einer menschenwürdigen Unterbringung Nachdruck zu verleihen. Die Piratenpartei Deutschland unterstützte die Flüchtlinge in ihren Bemühungen. Wir haben bis heute in unserem Parteiprogramm verankert, dass Menschen, die in Europa Zuflucht suchen, das Recht auf ein menschenwürdiges Leben, auf Bewegungsfreiheit und die Teilhabe an der Arbeitswelt, an Bildung und an Kultur haben müssen. Dies gilt bereits, wenn die Gründe der Flucht noch nicht anerkannt sind und eine Rückkehr in das Herkunftsland nicht möglich ist.[8] Schwer vorhersehbar war 2012, dass sich Europa auch 2020 noch in einer Krise der Asylpolitik befinden würde und dass die europäischen Regierungen einen Kurs einschlagen würden, der tagtäglich Menschenleben auf dem Mittelmeer kostet.
„2012 – ein Jahr, dass uns nicht nur auf kommunaler, sondern vor allem auf Bundes- und europäischer Ebene beschäftigt hat. Dass wir auch 2020 noch über menschenunwürdige Asylpolitik diskutieren müssen, ist eine Schande für ein Land, das mit der sozialen Marktwirtschaft und starken Grundrechten eine auf solidarischen Prinzipien basierende Gesellschaft, eingedenk der Geschichte Deutschlands vor 1945, einen gesellschaftlichen Neustart beabsichtigte. Der andauernde Kampf gegen die EU-Urheberrechtslinie, zeigt, was wir schon 2012 geahnt haben: Die Freiheit im Internet soll immer weiter beschränkt und das Netz kommerzialisiert werden. Konsum und Unterhaltung für brave, aber bitte nicht zu freie Bürgerinnen und Bürger. Wir werden nicht aufgeben, unsere Freiheitsrechte im Netz weiter zu verteidigen!“
Pawel Borodan, Generalsekretär der Piratenpartei Frankfurt am Main und Kandidat auf Listenplatz 2 für die Frankfurter Kommunalwahl 2021
Heute liest Du den dritten Blogbeitrag aus der Geschichte des Kreisverbandes der Piratenpartei Frankfurt am Main. Bis zum Jahresende und darüber hinaus wird jeden Mittwoch ein neuer Beitrag auf unserer Webseite erscheinen. Im Mittelpunkt steht jeweils ein bestimmtes Jahr und die Themen, mit denen sich die PIRATEN in diesem Zeitraum beschäftigt haben.
Der dritte Beitrag führt uns in das Jahr 2012: Der Maya-Kalender sagte für dieses Jahr den Weltuntergang voraus, den die PIRATEN Frankfurt unauffällig verhinderten, denn es gab Wichtigeres zu tun. Nach der für uns erfolgreichen Kommunalwahl 2011, war es nun ein Muss für uns, auch einen Kandidaten für die Oberbürgermeisterwahl zu stellen. Neben diesem aufregenden Wahlkampf beschäftigten uns Themen wie „GEMA“, „INDECT“, das „Leistungsschutzrecht“ und die „Asyl- und Flüchtlingspolitik“.
Oberbürgermeisterwahl 2012 – Mit „Super-Herbert“ auf Mission
Bei der Frankfurter Oberbürgermeisterwahl konnten wir mit 3,8 % unser Ergebnis im Vergleich zur Kommunalwahl im Jahr 2011 verdoppeln. Mit unserem Spitzenkandidat von 2011, Herbert Förster, gingen wir ins Rennen um den Posten des Oberbürgermeisters der Stadt Frankfurt am Main. Mit etwa 7.500 Euro Budget hatten wir weniger als ein Viertel des Budgets der Linken, aber den gleichen Stimmenanteil erreicht. Den Budget-Vergleich mit den anderen Großparteien brauchen wir da gar nicht erst zu ziehen. Dennoch, mit eigener Kreativität statt gekauften Kampagnen, ließen sich die Wählerinnen und Wähler auch erreichen. Die heiße Phase begann mit der Lieferung von 5.000 Plakaten, die im gesamten Stadtgebiet aufgehängt wurden. Die Plakate unterschieden sich deutlich von den eher altbackenen und spießig daher kommenden der etablierten Parteien – und genauso sollte es auch sein.
Bei uns sollte die Idee des Bürgermeisters als tatsächlicher Vertreter der Bürgerinnen und Bürger in den Vordergrund treten. Immer wieder erreichten uns Anfragen, ob man eines der Plakate haben könnte, wobei die Kätzchen am begehrtesten waren. Diese wurden sogar oftmals von den Laternenpfählen gestohlen – sehr zu unserem Ärger. Ein Plakat wurde noch am Wahlabend von Boris Rhein (damaliger Oberbürgermeisterkandidat der CDU, seit 2014 für den Wahlkreis 39 Abgeordneter im Hessischen Landtag), signiert. Dieses Plakat versteigerten wir zu Gunsten der Frankfurter Sportjugend. Neben den Plakaten wurden auf Youtube abrufbare Wahlwerbevideos von Herbert veröffentlicht, sowie der dazugehörige Blog wir-sind-herbert.de. Aber auch Stadtteilbegehungen gehörten zum Repertoire dieses Wahlkampfes. Mit einem Bollerwagen voller Flyer und Herbert-Actionfiguren zum Selberbasteln waren wir mehr als nur präsent in dem damaligen Oberbürgermeister-Wahlkampf.
GEMA – Wer soll das bezahlen – Das Aus für die Frankfurter Clubszene?
Die Abkürzung GEMA steht für die „Gesellschaft für musikalische Aufführungs- und mechanische Vervielfältigungstelle“ und wurde 1933 gegründet. Der Organisation obliegt die Verwaltung von Nutzungs- und Urheberrechten von Komponisten, Textdichtern und Musikverlegern.[1]
Im September 2012 beteiligten wir uns an den bundesweiten Protesten gegen die GEMA-Tarifreform und unterstützten die Demonstration der Frankfurter Clubszene. Weitere Großdemonstrationen fanden damals u.a. in den deutschen Städten Berlin, München, Nürnberg, Dortmund, Dresden, Erfurt und Stuttgart statt. Die Tarifreform der GEMA sollte ursprünglich zum 1. April 2013 in Kraft treten. Sie sah statt der bisher elf nur noch zwei Tarife vor – abhängig davon, ob die Musik live oder von einem Tonträger gespielt werden würde. Die Vorstellung der GEMA war der Einheitspreis von zehn Prozent der Eintrittsgelder. Viele Diskotheken, Musikkneipen, Stadtfeste, Tanzschulen, Vereine und traditionelle Feste hätten durch diese Tarifreform, aufgrund der steigenden finanziellen Belastungen, vor dem Ruin gestanden. Damit wurde damals auch die Frankfurter Veranstaltungsszene enorm angegriffen. Die Tariferhöhungen von im Schnitt 400 bis 600 Prozent hätten für viele Clubs in unserem schönen Frankfurt das Aus bedeutet. Der drohende Verlust der kulturellen Vielfalt und der Arbeitsplätze war weder für die Stadt noch für die Clubbesucher hinnehmbar.
Reformen sollte die GEMA vor allem erstmal intern durchführen. Solange durch die verfilzten Strukturen und fehlende Transparenz der Großteil der Einnahmen in den Töpfen von Musikverlagen und privilegierten Mitgliedern landete, war die GEMA als Gesprächspartner nicht ernstzunehmen. Die Piratenpartei hatte bereits in der Vergangenheit in Gesprächen mit der GEMA auf die Missstände der Tarifreform, die fehlende Verteilungsgerechtigkeit und die mangelnde Anpassung an die Gegebenheiten der digitalen Märkte hingewiesen. Bereits im Juli 2012 unterstützte die Piratenpartei aktiv eine Demonstration gegen die Reformen, die gleichzeitig mit der von der Öffentlichkeit abgeschirmten Mitgliederversammlung der Verwertungsgesellschaft in Berlin stattfand. Erst Ende 2013 fanden GEMA und Musikveranstalter eine Einigung, die moderate Erhöhungen, zum Teil aber auch Entlastungen vorsah.[2]
INDECT – Was denkt sich die EU-Kommission eigentlich?
Bei INDECT – „intelligent information sytem supporting observation“ handelt es sich um ein Forschungsprojekt der Europäischen Kommission aus dem damaligen 7. Forschungsprogramm (FRP) zum Bereich der „intelligenten Sicherheitssysteme“[3]. Es sollte durch das Zusammenführen vielfältiger Informationen aus unterschiedlichen Datenquellen ermöglichen, Aktivitäten zu erkennen, die in das Muster einer vermuteten Gefährdung passen. Benutzt und ausgewertet werden sollten beispielsweise Daten aus Videoüberwachungsanlagen, aus Mobilfunkdaten generierte Bewegungsprofile oder auch Informationen zu Konsumverhalten, Internetnutzung oder aus sozialen Netzwerken. Ein Überwachungssystem, welches die Bürgerinnen und Bürger unter Generalverdacht stellen würde, indem es Informationen aus allerlei Quellen zusammenstellte und das eher nach Science-Fiction klang, diente, unserer Meinung nach, nicht der Demokratie.
Diese Art der breit angelegten und anlasslosen Überwachung des Staates gegenüber den Bürgerinnen und Bürgern musste verhindert werden. Deshalb unterstützten wir den bundesweiten Aktionstag gegen das Projekt. Das umstrittene Forschungsprojekt endete 2014. Jedoch wurde diese Forschungsprogramm-Reihe durch das so genannte „Horizont-2020-Programm“ abgelöst. Dieses Programm stellt bis heute rund 80 Mrd. Euro für Forschung und Innovation zur Verfügung. Ziele sollen nachhaltiges Wachstum und zukunftsfähige Arbeitsplätze in Europa sein.[4] Da scheint zumindest bei manchen Personen angekommen zu sein, dass sie mit der Überwachung von Bürgerinnen und Bürger nicht auf Gegenliebe gestoßen sind.
Leistungsschutzrecht – Ein Kampf, der nie zu Ende geht
Was ist überhaupt dieses Leistungsschutzrecht (LSR)? Es ist ein Recht für Personen und Unternehmen, die an dem Vermittlungsprozess eines Werkes mitwirken bzw. beteiligt sind. Das Leistungsschutzrecht besteht parallel zum Urheberrechtsschutz, bzw. ist es ein verwandtes Schutzrecht des Urheberrechtes. Bei einem Musikstück zum Beispiel hat die Künstlerin oder der Künstler ein Schutzrecht gemäß Leistungsschutzrecht, der Textschreiber ein Schutzrecht gemäß Urheberrechtsschutz.[5] Wir waren 2012 schon der Meinung, dass Deutschlands Verleger es sich in Bezug auf das Leistungsschutzrecht häufig zu leicht machen. So wollten sie quasi eine gesetzliche Legitimation dafür, dass sie gegen die „Datenkraken im Internet“ geschützt werden. Deshalb sollte das Leistungsschutzrecht damals sicherstellen, dass Suchmaschinen, Aggregatoren etc. künftig Gebühren an Presseverlage zahlen würden, wenn sie journalistische Inhalte abrufbar machen. Wir informierten damals im Vorfeld der Frankfurter Buchmesse über dieses Thema.
Aus Sicht vieler Piraten hätte die „Lex Google“ hauptsächlich den großen Verlagen geholfen, die die digitale Revolution verschlafen hatten. Kleinen Bloggern und Publikationen schadete es. Deshalb hat das LSR bis heute auch Auswirkungen auf die Meinungsbildung in Deutschland. Wir versuchten damals so viele Journalistinnen und Journalisten wie möglich zu erreichen, um eine ausgeglichene Berichterstattung zu schaffen. Denn bekanntlich gibt es ja immer zwei Seiten einer Medaille. Das neue Leistungsschutzrecht trat dennoch 2013 in Kraft, zunächst mit wenigen Auswirkungen auf die Verbraucherinnen und Verbraucher.
Dennoch war eine Beschränkung der Informationsfreiheit im Internet zu befürchten. Ein Beschluss des Bundesverfassunsgerichtes in 2016 konkretisierte jedoch, dass es Internet-Suchmaschinen ermöglicht werden muss, in einem zweckmäßigen Umfang, d.h. zur Auffindbarkeit von Informationen, Textausschnitte veröffentlichen zu dürfen.[6] Im Jahr 2020 sind wir soweit, dass wir über mehr als nur ein EU-weites Leistungsschutzrecht diskutieren, dass ein Bestandteil der umstrittenen EU-Urheberrechtslinie ist. Es hat uns PIRATEN einmal mehr auf den Plan gerufen, da die Freiheit unseres Internets auf dem Spiel steht.[7] Mehr zu diesem Thema erscheint im Blogbeitrag zum Jahr 2019.
Arbeitskreis „Asyl und Flucht“ – Jeder hat das Recht auf Freiheit, Würde und Teilhabe
Die „Internationale Förderation iranischer Flüchtlinge“ (IFIF) hatte im August 2012 in Frankfurt am Main an der Hauptwache zu einer Protestaktion aufgerufen. Vor Ort waren viele iranische Flüchtlinge und interessierte Menschen die sich an einer Unterschriftenaktion beteiligten. Auf Plakaten und Flipcharts wurde auf die Lage im Iran, aber auch auf die menschenunwürdige Asylpolitik hier in Deutschland hingewiesen. Wir unterstützten damals die Gründung eines Bündnisses zur Unterstützung und Planung von Protesten der Asylsuchenden in Frankfurt am Main. Ziel war eine möglichst breit aufgestellte Allianz gegen Lagerzwang, Residenzpflicht und geschlossene Grenzen und für ein menschenwürdiges Asylrecht in einer solidarischen, freien und offenen Gesellschaft, die Menschen nicht nach Herkunft oder Religion diskriminiert. Die Organisation eines gemeinsamens Protestes stand im Vordergrund.
Im September folgte ein bundesweiter Protestmarsch von Asylsuchenden aus verschiedenen Städten Deutschlands. Damit verstießen die Flüchtlinge bewusst gegen die Residenzpflicht. Sie zogen über 15 Zwischenstationen nach Berlin, um ihren Forderungen nach einer menschenwürdigen Unterbringung Nachdruck zu verleihen. Die Piratenpartei Deutschland unterstützte die Flüchtlinge in ihren Bemühungen. Wir haben bis heute in unserem Parteiprogramm verankert, dass Menschen, die in Europa Zuflucht suchen, das Recht auf ein menschenwürdiges Leben, auf Bewegungsfreiheit und die Teilhabe an der Arbeitswelt, an Bildung und an Kultur haben müssen. Dies gilt bereits, wenn die Gründe der Flucht noch nicht anerkannt sind und eine Rückkehr in das Herkunftsland nicht möglich ist.[8] Schwer vorhersehbar war 2012, dass sich Europa auch 2020 noch in einer Krise der Asylpolitik befinden würde und dass die europäischen Regierungen einen Kurs einschlagen würden, der tagtäglich Menschenleben auf dem Mittelmeer kostet.