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2011 – Die Frankfurter PIRATEN nehmen Kurs auf den Römer!

Heute liest Du den zweiten Blogbeitrag aus der Geschichte des Kreisverbandes der Piratenpartei Frankfurt am Main. Bis zum Jahresende und darüber hinaus wird jeden Mittwoch ein neuer Beitrag auf unserer Webseite erscheinen. Im Mittelpunkt steht jeweils ein bestimmtes Jahr und die Themen, mit denen sich die PIRATEN in diesem Zeitraum beschäftigt haben.

Der zweite Beitrag führt uns in das Jahr 2011: Ein aufregendes Jahr, nicht nur thematisch, wie zum Beispiel durch die Themen „Vielfalt und Diversität“, Netzneutralität“ und „Occupy“, sondern auch durch die erste Kommunalwahl, bei der unser Kreisverband auf Anhieb erfolgreich angetreten ist.

Kommunalwahl 2011 – Klarmachen zum Ändern!

Unser Kreisverband war noch kein Jahr alt, da standen wir schon vor einer unserer bisher größten Herausforderung, der Kommunalwahl 2011 für das Stadtparlament in Frankfurt am Main. Auf der Liste für die Stadtverordnetenversammlung standen damals 36 Kandidatinnen und Kandidaten. Mehr als 200 Unterstützerunterschriften ermöglichten die Teilnahme der Piratenpartei Frankfurt an der Kommunal- und der Ortsbeiratswahl. Ziel war es, die reale Beteiligung der Einwohner an kommunalen Beschlüssen über alle Gesellschaftsschichten hinweg, zu erreichen. Nach dem Motto „Mach’ es zu unserem Programm“ wollten wir allen Frankfurterinnen und Frankfurtern die Möglichkeiten eröffnen, direkt die politische Arbeit der Piratenpartei durch das Einbringen von Themenvorschlägen zu unterstützen. Dadurch standen eben nicht nur Internet-Themen im Wahlprogramm, sondern auch Themen wie:

  • Transparenz in Politik und Verwaltung
  • Inklusion, Gleichberechtigung und Menschenrechte
  • Bürgernähe und Bürgerbeteiligung
  • Bildung, Kultur und Stadtentwicklung
  • Ausbau von Betreuungsangeboten in Kindergärten und Schulen
  • Datenschutz, Abbau der Videoüberwachung, Respektierung der Privatsphäre
  • Öffnung von Verwaltungsdaten

Natürlich wollten wir mit Fraktionsstärke in den Römer einziehen, denn eine Fünf-Prozent-Hürde gibt es bis heute bei den Kommunalwahlen nicht, das heißt, alle abgegebenen gültigen Stimmen haben Einfluss auf die Sitzverteilung. Jede Stimme für die PIRATEN war also eine Stimme, mit der wir die Bürgerinnen und Bürger vertraten. Am Ende wurden es 1,9 % und damit zogen zwei Stadtverordnete für die Piratenpartei Frankfurt am Main in den Römer ein. Der damalige Spitzenkandidat Herbert Förster, bis heute Stadtverordneter für die Piratenpartei Frankfurt am Main, tritt erneut auf Listenplatz 1 für die Kommunalwahl 2021 an, gefolgt von Pawel Borodan, Listenplatz 2 und Sebastian Alscher, Listenplatz 3.

Frankfurter Christopher Street Day – Respekt für Vielfalt

Im Jahr 2011 nahmen die Frankfurter PIRATEN erstmalig mit einem Infostand und einer kleinen Gruppe bei der Demonstration am Frankfurter Christopher Street Day teil. Unter dem Motto „Einigkeit und Recht auf Gleichstellung“ feierten und demonstrierten wir gemeinsam mit mehreren 10.000 Menschen das ganze Wochenende für die Rechte von Homosexuellen. Weiterhin setzten wir uns für die Anerkennung der Verfolgung aufgrund geschlechtlicher oder sexueller Identität bzw. Orientierung als Asylgrund ein und für das Recht, unabhängig von geschlechtlicher Identität, Kinder zu haben, ohne diskriminiert oder benachteiligt zu werden. In unserem Grundsatzprogramm fordern wir von Beginn an, neben der freien Selbstbestimmung von geschlechtlicher und sexueller Identität bzw. Orientierung auch die Vielfalt in der Gesellschaft.[1]

Bis heute sind die Frankfurter PIRATEN ein fester Bestandteil des CSD in Frankfurt. Auch wenn in diesem Jahr corona-bedingt alles anders war, nahmen wir trotzdem virtuell teil. Denn der CSD ist einer der uns wirklich wichtigen Veranstaltungen, nicht nur für die Stadt Frankfurt, sondern in der heutigen Zeit allgemein. Noch immer findet Diskriminierung aufgrund der sexuellen Identität statt. Von fehlendem Respekt und Wertschätzung in der Gesellschaft, bis hin zum Verbot der Blutspende, viele Grenzen werden vehement durch die Politik aufrechterhalten. Das ist nicht mehr zeitgemäß! Dass die Ehe mittlerweile für gleichgeschlechtliche Partnerschaften geöffnet wurde, ist nur der erste Schritt, der erreicht wurde. Viele weitere sind noch notwendig.

Netzneutralität – Von Gleichberechtigung kann bis heute keine Rede sein

Netzneutralität bedeutet die Gleichberechtigung aller Datenpakete, also die diskriminierungsfreie Übertragung aller Datenpakete unabhängig davon, wer sie sendet, wer sie empfängt, was sie beinhalten und wie wichtig oder unwichtig sie sind. Einige Telekommunikationsunternehmen forderten damals bestimmte Datenpakete langsamer oder schneller durch das Netz transportieren zu dürfen. Hierdurch wurde nicht nur die Gefahr eines Zweiklasseninternets sondern auch der Eingriff in unsere Privatsphäre ein latentes Risiko. Eine Odyssee, die bis heute andauert: Netzneutralität ist nicht nur ein wichtiger Faktor für Innovation im Netz, sondern auch für die Meinungsfreiheit und den freien Zugang zu Wissen und Information. Die Regierung hat die Bedeutung des Internets für die Gesellschaft noch immer nicht begriffen und sie verweigert sich bewusst einer wissenschaftlichen Begutachtung der Thematik. 2016 schaltete sich netzpolitik.org, eine Plattform für digitale Freiheitsrechte[2], in die politische Diskussion ein, kurze Zeit später erfolgte die Gründung der Kampagne savetheinternet.eu, der sich zahlreiche Personen aus der Netz-Community anschlossen.

Viele Vorschläge aus der Community fanden sich letztlich in den Umsetzungsrichtlinien wieder. In Deutschland ist die Netzneutralität noch immer nicht gesetzlich verankert, wohingegen beispielsweise unser Nachbarland, die Niederlande, schon seit Mitte 2011 diese gesetzlich vorgeschrieben hat.[3] Es ist offenkundig, dass die Fähigkeit mit frei verfügbaren Informationen umzugehen, im Informationszeitalter ganz wesentlich über die Bedeutung von Gesellschaften entscheidet. Ein hervorragend ausgebautes, freies und diskriminierungsfreies Netz ist daher eine unverzichtbare Investition in unsere Zukunft. Diese sicherzustellen, darf genauso wenig den Gesetzen des Marktes überlassen werden, wie das Straßennetz oder andere existenzielle öffentliche Infrastrukturen. Mit der aktuellen Diskussion über die Einführung von Uploadfiltern zeichnet sich ab, dass es weiterhin ein harter Kampf um das freie Internet bleiben wird!

Occupy: Wall Street – Lang genug auf Kosten der Gesellschaft gezockt!

Der im Spätsommer 2011 weltweite Demonstrationsaufruf der amerikanischen Bewegung occupy:wall street wurde durch uns auf lokaler Ebene unterstützt. Wir unterstützten den gewaltfreien Protest gegen die Intransparenz des Finanzsystems und hofften, dass sich viele Menschen gegen die undemokratischen und gefährlichen Auswüchse wenden würden. Die damalige unbefriedigende Krisenpolitik, nicht nur in Deutschland, drohte eine weitere Bankenkrise heraufzubeschwören. Die Occupy-Bewegung forderte demnach eine stärkere Regulierung des Banken- und Finanzsystems, insbesondere durch die Politik. Mit einem beachtlichen Mobilisierungspotenzial: In über 900 Städten in 82 Ländern wurde demonstriert, bis auf wenige Zwischenfälle immer friedlich. Mehrere Millionen Teilnehmende weltweit wurden damals geschätzt.[4] Auch wenn die Aktivitäten nach und nach abflauten, das Thema Banken- bzw. Staatsschuldenkrise hat uns bis heute nicht losgelassen.

„2011, ein Jahr nach Gründung mit zwei Piraten in den Römer einzuziehen, war ein großer Erfolg. 2021 werden wir das Ergebnis noch toppen und Fraktionsstärke erreichen. Die Themen von damals, wie Vielfalt oder Netzneutralität, haben an Wichtigkeit bis heute nicht verloren. Wir dürfen niemals aufhören uns aufzulehnen und für andere stark zu machen.“

Herbert Förster, Stadtverordneter für die Piratenpartei Frankfurt am Main und Spitzenkandidat für die Kommunalwahl 2021