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26.10.2021 – Welttag der Intersexualität – Jeder Mensch ist einzigartig und das ist gut so!

Wer sich mit dem Begriff „Intersexualität“ beschäftigt, wird feststellen, dass er nicht so einfach zu erklären ist, wie es zunächst scheint. Auch mit der Verwendung des Wortes sollte nicht unachtsam umgegangen werden. Denn im medizinischen Kontext wird „Intersexualität“ als Diagnose verwendet. Dabei handelt es sich nicht um eine Krankheit, sondern um sehr unterschiedliche klinische Phänomene mit unterschiedlichen biologischen Ursachen. Viele davon befinden sich jedoch in der Nähe von pathologisierenden medizinischen Begriffen für Formen von „Störungen“. In der Community ist der Begriff „Intergeschlechtlichkeit“ gebräuchlicher. Gerade auch als Antwort auf die aufgenötigte „Störung“ wird daneben wieder der historische Begriff „hermaphrodite“ benutzt.

Doch was ist das überhaupt? Menschen gelten als intergeschlechtlich, wenn sie biologisch nicht eindeutig dem weiblichen oder männlichen Geschlecht zugeordnet werden können. Uneindeutigkeiten des Körpergeschlechts sind biologisch möglich, weil die Geschlechtsorgane beim weiblichen und männlichen Embryo aus denselben Anlagen entstehen. Dabei unterscheidet man zwischen chromosomalen, gonodalen (Keimdrüse), hormonellen und anatomischen Variationen der Intergeschlechtlichkeit. Das Ergebnis ist schlicht natürliche Vielfalt.

In unserer Gesellschaft ist es jedoch üblich, dass Menschen entweder schon vor oder spätestens kurz nach der Geburt einem Geschlecht (männlich oder weiblich) zugeordnet werden. Die Geschlechtsfeststellung, eigentlich eine willkürliche Genderfestlegung, wurde sogar in Fachliteratur zum medizinischen Notfall erklärt.[1] Diese Einordnung beschränkt sich dabei jedoch nur auf die äußeren Geschlechtsmerkmale und wird häufig aus subjektiver Willkür oder medizinischer Machbarkeit getroffen. Für die Geschlechtsidentität, die sich im Leben der Betroffenen herausbildet, sind aber häufig die offensichtlich sichtbaren Geschlechtsmerkmale nachrangig. Eine weibliche Person fühlt sich nicht als männlich, weil ihr die entsprechenden körperlichen Geschlechtsmerkmale „mitgegeben“ wurden.

Die „medizinische Not“ und der gesellschaftliche Druck im Säuglings- und Kleinkindalter führen dazu, dass viele intergeschlechtliche Personen erst im Jugend- bzw. Erwachsenenalter davon erfahren.[2] Die Diagnosen der häufigen Arztbesuche im Kindesalter werden den Betroffenen aus Scham oder anderen Gründen von den Eltern verschwiegen. Erschreckenderweise werden bis heute noch häufig geschlechtsangleichende Operationen bei intergeschlechtlichen Kindern vorgenommen, bevor sie eine Geschlechtsidentität entwickeln können, weil die Gesellschaft ein bestimmtes „Geschlechtersystem“ vorgibt. Dies führt in den schlimmsten Fällen dazu, dass Menschen unfruchtbar werden, ein Leben lang zusätzliche Hormone nehmen oder andere Spätfolgen ertragen müssen. Hinzu kommt die immer noch andauernde Tabuisierung von Intergeschlechtlichkeit. Das Motto „Sage es niemandem!“ übt auf die Betroffenen auch in der Gegenwart einen starken sozialen Druck aus.

„In der heutigen Zeit sollten wir davon ausgehen, dass jeder Mensch so leben kann, wie er möchte. Doch dem ist nicht so. In der Gesellschaft wird an einem konservativen System festgehalten, obwohl insbesondere die Queer-Community versucht, auf sich aufmerksam zu machen. Leider kommt es vermehrt zu Vorfällen, bei denen Personen schikaniert und angefeindet werden. Immer wieder finden auch tätliche Angriffe statt, weil Menschen auf Ungewohntes mit Ablehnung reagieren. Ich setze mich mit der Piratenpartei für ein Leben in Freiheit, Würde und Teilhabe ein. Und das ist unabhängig vom Geschlecht.“

Flora Geßner, Beisitzerin im Vorstand der Frankfurter PIRATEN