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2014 – Von Freihandelsabkommen und glücklich ohne Überwachung

Heute liest Du den fünften Blogbeitrag aus der Geschichte des Kreisverbandes der Piratenpartei Frankfurt am Main. Bis zum Jahresende und darüber hinaus wird jeden Mittwoch ein neuer Beitrag auf unserer Webseite erscheinen. Im Mittelpunkt steht jeweils ein bestimmtes Jahr und die Themen, mit denen sich die PIRATEN in diesem Zeitraum beschäftigt haben.

Der fünfte Beitrag führt uns in das Jahr 2014: In diesem Jahr konnte die Piratenpartei Deutschland einen großen Erfolg feiern: Mit 1,4 % wurde zum ersten Mal ein Mitglied der Piratenpartei Deutschland für das Europäische Parlament gewählt. Neben diesem Sieg beschäftigten wir uns im Jahr 2014 u.a. auch mit Freifunk, TTIP und Überwachung.

Freifunk – Freie Kommunikation in digitalen Datennetzen

Was ist dieser „Freifunk“? Hierbei handelt es sich um die globale Freifunk-Bewegung. Schwerpunkt ist die Schaffung bzw. Bereitstellung von freien Infrastrukturen und offenen Funkfrequenzen. Um dies zu unterstützen, stellen immer mehr Privatpersonen in Eigenregie zum Beispiel ihren Internetzugang anderen zur Nutzung zur Verfügung. Die Vision dieser nicht kommerziellen Initiative ist die „Demokratisierung der Kommunikationsmedien.“[1]

In Frankfurt unterstützten wir 2014 die Freifunk-Community mit dem Ziel, ein freies und kostenloses WLAN-Netz in unserer Stadt zu etablieren. Hierzu organisierten wir diverse Flashpartys, die dazu dienten, Freifunk und das dahinterstehende Konzept bekannter zu machen. Interessierten wurde live vor Ort gezeigt, wie die Router mit der notwendigen Software „geflasht“ wurden und dann sofort einsatzbereit für ein freies Netz waren. Zusammen mit FreiFunkFFM wollten wir erreichen, dass ein WLAN-Funknetz aufgebaut werden würde, dass den Bürgerinnen und Bürgern die Möglichkeit bieten würde in Straßen, Cafés und Geschäften, Daten auszutauschen und Online-Dienste zu nutzen. Der Charme davon war, dass die genutzte Technik ohne zentrale Verwaltung auskommen würde und durch jede Privatperson unterstützt und bereitgestellt werden könnte. FreiFunkFFM ist nach wie vor aktiv und Du kannst Dich innerhalb von Frankfurt einfach mit einem Freifunk-WLAN-Hotspot in Deiner Nähe verbinden.[2] Wir unterstützen die Freifunk-Community bis heute, denn als PIRATEN stehen wir für die Teilhabe am digitalen Leben.

TTIP, TISA und CETA – Rechteabbau und Käse

Zu Beginn dieses Themas zunächst ein paar Begriffserklärungen zur Orientierung. Worum geht es?

TIPP: Diese Abkürzung steht für Transatlantische Handels- und Investitionspartnerschaft (engl. Transatlantic Trade and Investment Partnership). Schwerpunkt ist die Aushandlung eines transatlantischen Handelsabkommens zwischen Europa und den USA.[3]

TISA: Steht für das Abkommen über den Handel und Dienstleistungen (engl. Trade in Services Agreement). Hierbei verhandelt die EU mit 23 Staaten der Welthandelsorganisation über einen Marktzugang mit dem Ziel, den Dienstleistungshandel zu verbessern.[4]

CETA: Bezeichnet ein Freihandelsabkommen zwischen der EU und Kanada (engl. Comprehensive Economic and Trade Agreement). Hierbei soll insbesondere der Wohlstand der Handelspartner gesichert und ausgebaut werden. Dies soll durch offene Märkte und gemeinsame Regeln erfolgen.[5]

Seit dem Jahr 2013 wurde das transatlantische Handels- und Investitionsschutzabkommen TTIP zwischen der EU und den USA hinter verschlossenen Türen verhandelt. TTIP war und ist, wie auch die damals geplanten Abkommen CETA und TISA, brandgefährlich: Freihandel mag grundsätzlich gut klingen, war und ist es nicht unbedingt. Denn insbesondere in den genannten Abkommen sollten Schutz und Rechte von Beschäftigten sowie Umweltstandards abgebaut werden. Hinzu kam auch die Bedrohung der öffentlichen Daseinsvorsorge, des Verbraucherschutzes und unseres Gesundheitswesens.

Unsere Forderungen im Jahr 2014 richteten sich an die Bundesregierung, das europäische Parlament und die EU-Kommission:

  • Die Verhandlungen über die drei Freihandelsabkommen sollten sofort gestoppt werden
  • Alle damals vorliegenden Dokumente zu den Freihandelsabkommen sollten sofort der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden
  • Die Teilnehmerlisten der an den Gesprächen, Sondierungen und Verhandlungen über die Freihandelsabkommen Beteiligten sollten veröffentlicht werden

Den Widerstand gegen die undemokratischen und unsozialen Freihandelsabkommen sahen und sehen wir bis heute als eine Bürgerpflicht. Deshalb schlossen wir Frankfurter PIRATEN uns auch dem Frankfurter Bündnis gegen TTIP, CETA und TISA an. Durch die Teilnahme an diversen Demonstrationen in machten wir auf dieses Thema aufmerksam. Die 18-jährige Sabrina Schleicher hielt 2014 auf dem Römerberg eine beeindruckende Rede.

„Wir PIRATEN streben nach den Idealen des Humanismus unter Berücksichtigung, dass die menschlichen Schwächen ebenfalls zum Mensch sein dazugehören.
Wir wollen, dass das Existenzrecht aller Lebewesen und das Recht auf Leben in Würde für alle Menschen über dem Recht auf Privateigentum und Profitgier steht.
Dafür stehen die PIRATEN; dafür stehe ich!
Deshalb gehören TTIP, TISA und CETA in die Tonne getreten.“

Die ganze Rede von Sabrina kannst Du Dir in diesem Video anschauen: http://youtu.be/WU70x7eFCp8

Doch wie sieht es heute mit diesem bunten Strauß an Freihandelsabkommen aus? Die Verhandlungen für TTIP und TISA wurden nach internationalen Großdemonstrationen 2016 auf Eis gelegt und bis heute nicht wiederaufgenommen. Es gibt bisher auch keine Anzeichen für eine Wiederaufnahme.[6] Bei CETA sieht es ein bisschen anders aus, hier läuft seit der Unterzeichnung im Jahr 2016 der Ratifizierungsprozess. Da es sich hierbei jedoch um ein so genanntes gemischtes Abkommen handelt, müssen auch alle Mitgliedstaaten der Europäischen Union CETA ratifizieren. Zum Schmunzeln: Im August dieses Jahres wurde bekannt, dass das Handelsabkommen aktuell durch Zypern blockiert wird, da es seinen zyprischen Halloumi-Käse darin nicht als ausreichend geschützt sieht.[7]

Wir sind auch glücklich ohne Überwachung

Am 1. November 2014 demonstrierten die Frankfurter PIRATEN unter dem Motto „Glücklich ohne Überwachung“ gegen den Ausbau von Überwachungsstaaten weltweit. Ein breites Bündnis von politischen Gruppierungen und NGOs hatte unter Federführung der Piratenpartei zu der Versammlung aufgerufen. Um die Allgegenwärtigkeit der Überwachung des Internets zu demonstrieren, bildeten die Teilnehmer eine Menschenkette, die ein Netzwerkkabel darstellte. Bis heute stehen wir unter diesem Motto für ein freies Internet ein. Insbesondere die aktuellen EU-Verhandlungen zu den Themen Uploadfilter und die jüngste Idee der EU-Staaten die Verschlüsselung von Daten aufzuweichen, zeigen einmal mehr wie wichtig es ist, dass wir PIRATEN für ein freies Internet kämpfen, um auch Deine Privatsphäre zu schützen.[8]

„2014 – ein sehr aufregendes Jahr für mich! Wir sehen einmal mehr, wie viele der damaligen Themen heute noch brandaktuell sind. Nach wie vor geht es bei den genannten Freihandelsabkommen um Entdemokratisierung und eine Machttransformation auf nicht demokratisch legitimierte Entscheidungsprozesse. Solche Prozesse sind in der EU bereits weit fortgeschritten und sollen weiter internationalisiert werden. Ein Grund mehr für uns PIRATEN, sich auch weiterhin für die Freiheit unserer Bürgerinnen und Bürger in unserer Gesellschaft einzusetzen“

Sabrina Schleicher, Beisitzerin im Vorstand des Kreisverbandes für die Piratenpartei Frankfurt am Main und Kandidatin auf Listenplatz 6 für die Kommunalwahl 2021