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2010 – Der Kreisverband Frankfurt am Main wird gegründet – Willkommen an Bord!

Heute startet unsere 12-teilige Blogreihe zur Geschichte des Kreisverbandes Frankfurt am Main der Piratenpartei. Bis zum Jahresende und darüber hinaus wird nun jeden Mittwoch ein neuer Beitrag auf unserer Webseite erscheinen. Im Mittelpunkt steht jeweils ein bestimmtes Jahr und die Themen, mit denen sich die PIRATEN in diesem Zeitraum beschäftigt haben.

Der erste Beitrag führt in das Gründungsjahr des Kreisverbandes: 2010. Wichtige Themen, die uns in diesem Jahr bewegt haben, waren u.a. ACTA, Korruption, Whistleblowing und Überwachung. Im Folgenden werden diese Themen näher erläutert.

ACTA – Die Gefahr für die Freiheit im Internet

Was verbirgt sich überhaupt hinter der Abkürzung „ACTA“? Sie steht für „Anti-Counterfeitung Trade-Agreement“ bzw. ein Handelsabkommen, dass die Abwehr von Fälschungen (umgangssprachlich „Produktpiraterie“) beinhaltet. Seit 2010 kursierten inoffizielle Entwürfe des Abkommens, die finale Fassung wurde im Mai 2011 veröffentlicht. Hierbei erhofften sich mehrere Staaten, nicht nur EU-Länder, einen internationalen Standard, mit dem Produktfälschungen und Urheberrechtsverletzungen geahndet werden können.[1] Das EU-Parlament hat bereits im Juli 2012 beschlossen ACTA nicht zu ratifizieren, so dass es für die EU bis heute nicht in Kraft treten kann. Gemäß Art. 40 des Abkommens müssen sechs Staaten ACTA ratifziert haben, damit die Übereinkunft überhaupt ihre Gültigkeit bekommt. Bis heute hat kein Staat hierfür eine Urkunde vorgelegt.[2] Schon damals haben die Frankfurter PIRATEN nicht nur gegen ACTA demonstriert, sondern auch in vielen Veranstaltungen gezielt Bürgerinnen und Bürger in Frankfurt am Main aufgeklärt und zu diesem Thema sensibilisiert. Wir sehen nach wie vor die Gefahr darin, dass der Zugang zu freiem Wissen beschränkt und die Privatssphäre, insbesondere im Internet, ausgehöhlt werden, sollte dieses Abkommen jemals in Kraft treten.

Korruption – Der Kampf gegen Abgeordnetenbestechung

Mit einem offenen Brief haben sich die Kreisverbände Frankfurt und Main-Kinzig der Piratenpartei am 31. August 2010 an Fraktionen sowie die Stadtverordneten im Stadtparlament und im Kreistag gewandt. Darin forderten sie die Stadtverordneten auf, eine Petition zu unterzeichnen, mit der erreicht werden sollte, die Abgeordentenbestechung auch in Deutschland auf ein von der UN gefordertes Niveau zu bringen. Bereits 2003 hat die Bundesrepublik das UNCAC-Abkommen zur Verhinderung der Abgeordnetenbestechung unterzeichnet.

In nationales Recht wurde es aber bis 2010 nicht umgesetzt. So war es damals in der Bundesrepublik nicht strafbar, einem Abgeordneten für ein bestimmtes Abstimmungsverhalten Gegenleistungen zu versprechen und zu gewähren, wenn diese etwa zugunsten der Abgeordnetenfamilie erfolgten. Die Piratenpartei unterstützte die Petition, die entsprechend des UNCAC-Abkommens auch diese Form von Bestechungen im Strafgesetzbuch geregelt wissen wollte. Der Petitionsausschuss des Bundestages hatte die öffentliche Behandlung dieser Petition jedoch damals verweigert. Die dafür angegebene Begründung, es bestehe kein öffentliches Interesse, halten wir bis heute für eine Schutzbehauptung, damit das Gesetz nicht zur Umsetzung kommen konnte. Erst am 1. September 2014 wurde das Gesetz verschärft: Es wurde demnach weiter gefasst und nicht mehr nur auf Stimmenkauf und -verkauf beschränkt. Allerdings bleibt der Strafttatbestand der Abgeordnetenbestechung bis heute eng gefasst und kann immer noch zu leicht umgangen werden.[3] Hier sehen wir also nach wie vor Handlungsbedarf.

Whistleblowing – Wenn Pressefreiheit und Journalismus in Gefahr sind

Nicht erst seit den sogenannten „Cablegate“-Veröffentlichungen im November 2010 ist WikiLeaks vielen Staaten dieser Erde bis heute ein Dorn im Auge. Die Veröffentlichung der Luftangriffe in Bagdad vom 12. Juli 2007, in denen unter anderem 2 Reuters-Journalisten von einem amerikanischen Militärhubschrauber erschossen wurden oder die „Iraq war logs“, die massive Menschenrechtsverletzungen im Irakkrieg aufddeckten, zeigen, wie wichtig es ist, das Tun der Staaten zu kontrollieren. Um solche Vorkommnisse aufzudecken, bedarf es unabhängiger Berichterstattung und freiem Journalismus. Und dieser Journalismus hat durch das Internet, in dem jeder sein eigener Verleger sein kann, eine neue Qualität gewonnen. Die Piratenpartei hat nie aufgehört, darauf aufmerksam zu machen, wie wichtig der Schutz von freien Medien, freiem Meinungsaustausch und der Zugang zu Informationen ist, um dem Missbrauch von Macht, Einhalt zu gebieten.

Gerade in diesen Tagen findet der Gerichtsprozess gegen Wikileaks-Gründer Julian Assange statt – ein Fall, bei dem es schon längst nicht mehr um die einzelne Person, sondern vielmehr um den Erhalt der Pressefreiheit geht. Das Urteil wird im Januar 2021 erwartet. Sollte Assange von Großbritannien an die USA ausgeliefert werden, wird ihm ein neues qualvolles Kapitel in seinem Leben bevorstehen. Es wird ein „Präzedenzfall für die Pressefreiheit“ sein.[4] Wir PIRATEN setzen uns bereits von Beginn an für Assanges Freilassung ein! 

Überwachung – Big Brother is watching you

2010 kündigten wir unseren Widerstand gegen die Ausweitung der Videoüberwachung im öffentlichen Raum in Frankfurt am Main an. Boris Rhein, damals hessischer Innenminister, sagte, dass auch ohne Absprache mit der Stadt Frankfurt, Teile der Bevölkerung mit mobilen Kameras überwacht werden sollen. Begründet wurde dies mit einer nicht definierten akuten Gefahrenlage. Die CDU hielt an ihrem Irrglauben fest, dass ein Mehr an Überwachung auch ein Mehr an Sicherheit bedeutet. Zahlreiche Studien beweisen jedoch, dass Überwachungskameras niemanden vor Verbrechen schützen, sondern immer nur eine Verdrängung von Verbrechens-schwerpunkten erreichen können.

Nur selten helfen Kameras bei der Aufklärung von Verbrechen, zumeist genügt einem Täter schon das Tragen einer Kopfbedeckung, um eine Identifizierung wirkungsvoll zu verhindern. Hinzu kommt noch die Verkehrsüberwachung durch Kameras. Wer wirklich etwas gegen das organisierte Verbrechen, gegen Terrorismus oder Drogenkriminalität unternehmen möchte, muss beginnen, Steuergelder in Präventionsmaßnahmen statt in Überwachungskameras zu stecken.

Wieso wir Frankfurter PIRATEN genau diese Themen für eine Rückblende ausgewählt haben? Nicht nur weil diese Themen in unserem Grundsatzprogramm[5] verankert sind, sondern weil sie uns bis heute beschäftigen.

„Ein Jahrzehnt liegt zwischen diesen Ereignissen und heute. Doch keines dieser Themen hat in den letzten Jahren an Brisanz verloren. Pressefreiheit, Transparenz, Schutz vor staatlicher Überwachung, Korruptionsbekämpfung – all das ist aktueller denn je. Und betrifft eben auch die Stadt Frankfurt. Die Situation hat sich teilweise sogar verschärft. Wir PIRATEN werden auch nach zehn Jahren nicht müde, auf lokaler Ebene für Freiheit, Würde und Teilhabe zu kämpfen und treten deswegen 2021 wieder zur Kommunalwahl an.“

Martina Scharmann, Vorsitzende des Kreisverbandes Frankfurt am Main der Piratenpartei